map-report Nr. 941: Stärker trotz Gegenwind – wer im Bilanzrating deutscher Lebensversicherer 2024 überzeugt
Storno unauffällig
Anders als vielfach befürchtet, hatten weder die Inflation noch gestiegene Zinsen bisher signifikante Auswirkungen auf die Stornoquoten. Die Entwicklungen in den einzelnen Sparten waren im Branchendurchschnitt zwar durchweg steigend, aber noch im Rahmen der üblichen Schwankungen.
In der KLV lag das Storno, berechnet auf die Anzahl der Verträge, mit 1,83 % marginal über dem Vorjahresniveau von 1,80 %. Die höchste Stornoquote mit 3,69 % (Vorjahr: 3,39 %) verzeichneten fondsgebundene Verträge, gefolgt von Risiko-Lebensversicherungen mit 3,16 % (Vorjahr: 2,98 %). Bei Rentenverträgen stieg das Storno mit 2,34 % minimal über das Vorjahresniveau von 2,31 %. Bei den Kollektiv-Versicherungen stieg die Kennzahl von 2,33 % im Vorjahr auf 2,49 %. Die Stornoquoten sind trotz allgegenwärtiger Krisen und globaler Unsicherheiten noch immer unauffällig und liegen über den gesamten Bestand mit 2,70 % etwas über dem Vorjahresniveau von 2,55 %.
Die Finanzaufsicht sieht hohe Stornozahlen zunehmend kritisch und als ein mögliches Indiz dafür, dass die verkauften Produkte nicht zu den Kunden passen und von diesen darum schnell wieder veräußert werden. So warnte BaFin-Exekutivdirektorin Julia Wiens erst kürzlich, dass im Branchendurchschnitt pro Jahr rund 3,5 % der Kunden ihren Vertrag kündigen. Wenn von einem konstanten jährlichen Storno in dieser Höhe ausgegangen werde, hätten nach etwa 20 Jahren die Hälfte der Kunden ihren Vertrag vorzeitig beendet, so Wiens. Ein nicht zu unterschätzendes Argument.
Keine Entlastung bei den Reserven
Nach dem Anstieg des Leitzinssatzes der Europäischen Zentralbank (EZB) im Jahr 2023 von 2,5 auf 4,0 %, wurde der Leitzinssatz im Jahr 2024 schrittweise wieder auf 3,0 % gesenkt. Das führte zu niedrigeren Zinsen an den Rentenmärkten, wodurch sich die Ertragschancen in der Neu- und Wiederanlage festverzinslicher Wertpapiere verschlechterten. Ungeachtet dessen war das Zinsniveau im Vergleich zur langandauernden Niedrigzinsphase relativ hoch.
Kurzer Rückblick: Zum Jahresende 2022 brachen infolge der Zinswende die Kurse von kaum verzinsten Anleihen im Bestand massiv ein. Aus den vormals stillen Reserven in Höhe von 155,9 Mrd. € im Jahr 2021 wurden im Verlauf des Jahres 2022 stille Lasten in Höhe von 106,8 Mrd. €. Bereits zum Jahresende 2023 hat sich die Situation wieder etwas entspannt und die stillen Lasten sind branchenweit auf 74,7 Mrd. € gesunken. Im Jahr 2024 hat sich diese Situation kaum geändert und die Lebensversicherer haben in der Summe noch 75,4 Mrd. € an stillen Lasten in den Büchern. Das entspricht 7,40 % der gesamten Kapitalanlagen.
Als Folge blieb die Gesamtreserve-Quote, bei der neben den Bewertungsreserven auch die freie RfB und der Schlussüberschussanteilfonds einfließen, im Branchenschnitt beinahe konstant bei -3,0 %. Bei 26 Gesellschaften (Vorjahr: 26) war diese Kennzahl inzwischen wieder positiv, bei den restlichen 49 untersuchten Anbietern bewegt sich das Spektrum zwischen -0,34 (Continentale) und -25,09 % (Concordia Oeco).
Hier schließt sich auch der Kreis zum Neugeschäft. Denn für die Versicherer geht ein geringes Neugeschäft nicht nur mit weniger Einnahmen einher, sondern kann auch ein Risiko hinsichtlich der Reserven darstellen. Durch ein nachhaltiges Wachstum im Neugeschäft können Lebensversicherer die nötige Liquidität erzielen, um in höherverzinsliche Anlagen zu investieren. Für Anbieter, die im Vergleich zu ihrem Bestand einen hohen Anteil an Neugeschäft haben, ergeben sich Vorteile gegenüber Versicherern mit einem großen Bestand und relativ wenig Neugeschäft.