Rot heißt Stopp! Oder? ARAG Experten über Strafen, die beim Ignorieren roter Ampeln drohen
Radfahren bei Rot – kein Kavaliersdelikt
Auch wenn es im Alltag häufig bagatellisiert wird: Das Überfahren einer roten Ampel mit dem Fahrrad ist kein harmloses Vergehen. Radfahrer müssen mit einem Bußgeld rechnen, das mindestens im mittleren zweistelligen Bereich liegt. Zusätzlich wird ein Punkt in Flensburg eingetragen. In besonders gelagerten Fällen kann jedoch auch ein vermeintlich klarer Verstoß juristisch anders bewertet werden. So hat das Oberlandesgericht Hamburg eine Radfahrerin freigesprochen, die nach über fünf Minuten Wartezeit bei Rot über eine Ampel fuhr. Die Frau nahm an, die Ampel sei defekt, weil sie nicht umschaltete. Tatsächlich wurde die Anlage durch ihr Fahrrad nicht aktiviert, da die Kontaktschleife unter der Straße nicht auf ihr Fahrzeug reagierte. Das Gericht sah deshalb kein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten und hob den Bußgeldbescheid auf (Az.: 5 ORbs 25/23).
Fußgängerampel entbindet nicht von Sorgfaltspflicht
Mit der Aufhebung der Strafe kam ein Autofahrer in einem anderen Fall laut ARAG Experten nicht davon. Als er vom Parkplatz des Supermarktes auf die Straße auffuhr, ignorierte er ein von rechts kommendes Fahrzeug und es krachte. Seine Begründung: Die Fußgängerampel, die sich auf der rechten Seite der Straße befand, zeigte für Fußgänger Grün, für Fahrzeuge also Rot. Da er darauf vertraute, dass Autofahrer sich an die Verkehrsregeln halten und bei Rot halten, fuhr er los. Doch die Richter waren anderer Ansicht. Die Fußgängerampel war nicht für den Verkehr vom Supermarkt-Parkplatz zuständig. Daher galt weiterhin eine erhöhte Sorgfaltspflicht (Paragraf 10, Straßenverkehrsordnung) beim Ausfahren vom Parkplatz. Auf eine Schadensersatzzahlung musste der Rotlicht-Rüpels verzichten (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Az.: 7 U 63/22).
Wie wird ein Rotlichtverstoß eigentlich nachgewiesen?
Viele Ampelblitzer arbeiten mit zwei Auslösepunkten: Ein Foto wird beim Überfahren der Haltelinie ausgelöst, ein zweites beim Einfahren in den Gefahrenbereich hinter der Ampel. Die Dauer der Rotphase wird in Sekundenbruchteilen erfasst und dokumentiert. Ob es sich um einen einfachen oder qualifizierten Verstoß handelt, hängt genau davon ab.
Einspruch einlegen lohnenswert?
Wer Zweifel an der Messung hat, sollte sich die Beweismittel, hier vor allem die Fotos und technischen Daten, im Rahmen einer Akteneinsicht genau ansehen. Gerade bei kurzen Rotphasen oder schwer einsehbaren Ampelanlagen kann sich ein Einspruch nach Einschätzung der ARAG Experten manchmal lohnen. Dabei kommt es auf die konkreten Umstände an: War die Ampel gut sichtbar? Wie lang war die Rotphase? Gab es eine Gefährdung anderer? Antworten auf diese Fragen können über den Ausgang eines möglichen Verfahrens entscheiden.