Serie: Schadensfall des Monats - Mai 2016 / Gastbeitrag von Hans John Versicherungsmakler GmbH
A machte daraufhin seinerseits den B haftbar. Bei dem Beratungsgespräch in 2009 hätte er dem B mitgeteilt, auch Kutschfahrten veranstalten zu wollen. Außerdem hätte der Makler auch bei Besichtigung des Betriebes auf dieses zusätzliche Risiko aufmerksam werden müssen, weil die verwendete Kutsche regelmäßig - gut sichtbar für jeden Besucher - unter einem offenen Unterstand auf dem Hof abgestellt würde. Die Beratungsdokumentationen des B waren diesbezüglich nicht ergiebig. B konnte aber tatsächlich nicht mit Sicherheit ausschließen, über das Kutschfahrt-Risiko informiert worden zu sein. Er meldete den Fall daher seinem aktuellen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer, der V-Versicherung. Dort ging man allerdings nicht davon aus, für den Schadensfall zuständig zu sein und verwies darauf, dass Versicherungsschutz bedingungsgemäß nur für die Folgen aller vom Beginn des Versicherungsschutzes bis zum Ablauf des Vertrages vorkommenden Verstöße bestünde. Die Beratung des A sei jedoch vorvertraglich erfolgt. Man regte daher eine Meldung an den Vorversicherer an. Der vom B daraufhin eingeschaltete Vorversicherer, die X-Versicherung, sah dies allerdings anders. Ein Versicherungsmakler schulde nicht nur die Vermittlung von Versicherungsverträgen, sondern auch die Betreuung derselben. B hätte im Zuge einer regelmäßigen Bestandsprüfung den Deckungsumfang der Versicherungsverträge des A überprüfen und diese gegebenenfalls anpassen müssen. Dies habe er versäumt. Insofern sei nicht von einem Verstoß durch aktives Tun, sondern von einem Verstoß durch Unterlassen auszugehen. Hierzu heißt es in den Bedingungen üblicherweise:
„Wird ein Schaden durch fahrlässige Unterlassung verursacht, so gilt im Zweifel der Verstoß als an dem Tag begangen, an welchem die versäumte Handlung spätestens hätte vorgenommen werden müssen, um den Eintritt des Schadens abzuwenden.“
Nähme man mit der X-Versicherung tatsächlich einen Verstoß durch fahrlässige Unterlassung an, wäre nach obiger Regelung von einem Verstoß kurz vor dem 20.06.2013 auszugehen, mit der Folge, dass doch die V-Versicherung zeitlich zuständig gewesen wäre. Dieser Rechtsauffassung der X-Versicherung war jedoch im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Bestimmung des Verstoßzeitpunktes nicht zuzustimmen. Denn bei der Ermittlung des versicherungsrechtlich maßgeblichen Verstoßes ist nur dann von einer Pflichtverletzung durch Unterlassen auszugehen, wenn sich hinsichtlich des vorgeworfenen Verhaltens im Rahmen der Gesamtbeurteilung ein positives Tun nicht feststellen lässt (KG Berlin, Urteil vom 24.04.2009 – 6 U 49/08). Im obigen Fall gab es jedoch unzweifelhaft ein „positives Tun“, nämlich eben jene Beratung vom 22.03.2009. Diese war zwar bezüglich des „Kutschfahrt-Risikos“ möglicherweise unvollständig, eine unvollständige Beratung beinhaltet aber keine Pflichtverletzung durch Unterlassen einer umfassenden Beratung, sondern eine Pflichtverletzung durch aktives Tun (Harder in Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess, § 20 Rn. 60). Die erste Pflichtverletzung bleibt auch dann maßgeblich, wenn der VN später noch die Möglichkeit hatte, die in Gang gesetzte Kausalkette zu unterbrechen und den Schaden zu vermeiden (OLG Nürnberg v. 26.05.1994; VersR 1994, 1462; OLG Saarbrücken v. 24.10.1990, VersR 1991, 457). Im Ergebnis war daher die X-Versicherung für den Schadensfall des B zuständig.
Ansprechpartner zu dieser Meldung:
Ass. jur. Rudolf Bauer, LL.M. Versicherungsrecht, Prokurist der Hans John Versicherungsmakler GmbH
E-Mail: schaden@haftpflichtexperten.de
Über die Hans John Versicherungsmakler GmbH:
Seit 1992 am Markt bietet die Hans John Versicherungsmakler GmbH aus Hamburg mit einem Kompetenzteam u. a. aus Volljuristen und Versicherungskaufleuten einen Vollservice in der Vermögensschaden-Haftpflicht an – inklusive umfassender Betreuung im Schadensfall. Die Hans John Versicherungsmakler GmbH ist seit Jahren einer der Marktführer in ihrem Segment.