Von Momo und den grauen Herren…
Im Jahr 1973 wurde Michael Endes Roman „Momo“ veröffentlicht. Darin kämpft das Mädchen Momo gegen die grauen Herren, welche die Menschen ihrer Zeit berauben. Beschrieben werden sie „mit fahler grauer Haut, grauen Hüten, grauen Sakkos, eleganten grauen Autos, …“. Alle sehen gleich aus und so wirklich kann man sich auch nicht mehr an sie erinnern, wenn sie wieder weg sind.
In gewisser Weise ist auch die Versicherungsbranche von „grauen Herren“ geprägt. Dabei geht es gar nicht darum, Kunden die Zeit oder irgendetwas anderes zu stehlen oder diese zu betrügen. Vielmehr wurde über Jahrzehnte versucht, die Versicherungsbranche mit dem Bankwesen gleichzustellen. Man strebte nach einem ähnlich seriösen Image – und schaltete damit die Begriffe „seriös“, „langweilig“ und „unauffällig“ gleich. Aus heutiger Sicht könnte man überspitzt auch sagen, die Branche hat ein Heer aus austauschbaren Uniformierten geschaffen, in dem sich keiner traut, ein eigenes Profil zu entwickeln, weil man damit ja bei irgendwem anecken könnte. Geholfen hat das freilich nichts, um die Versicherungsbranche aus Spottgedichten a la „wer nichts ist und wer nichts kann…“ herauszulösen und den Vermittler so zu sehen wie andere beratende Berufsgruppen, die viel wissen müssen.
Warum verbessert sich das Image des „Versicherungsmenschen mit direktem Kundenkontakt“ nicht und rangiert auf ähnlichem Niveau wie das eines Staubsaugervertreters? Trotz aller Bestrebungen, dies durch Regularien, Mindestqualifikation, Weiterbildung, Code of Conduct,… zu erreichen? Liegt es evtl. auch mit daran, dass eben seit Jahrzehnten immer derselbe Typus Mensch auftaucht, wenn man Versicherungsangelegenheiten zu klären hat? Immer dieselbe Art von Berater, der dieselben langweiligen Dinge über langweilige Produkte erzählt. Wie soll denn ein Umdenken beim Kunden stattfinden, wenn alles, was er wahrnehmen und als Laie verstehen kann, immer gleichbleibt?
Stellen wir uns also ruhig einmal die Frage, weshalb die Branche sich selbst so in Ketten und Etikette(n) legt. Weshalb die Branchenuniform, wo vielen Normalbürgern Menschen im Anzug doch eher suspekt sind? Die letzten Jahre bewiesen ja zu genüge, dass „Nieten im Nadelsteifen“ nicht zu trauen ist. Und wenn man schon legerer zum Kunden geht, weshalb verkleidet man sich dann auf Branchenveranstaltungen? „Keep it real“, ist eine Lebenseinstellung, die nicht nur in der Hip Hop Szene angebracht scheint. Glaubwürdigkeit ist für jeden ein sehr erstrebenswertes Ziel.
Und weshalb wagt die Branche nicht einfach mal etwas und präsentiert sich menschlicher und ruft eine „neue Herzlichkeit“ aus? Weg vom erfolglosen Streben nach „Wir sind mindestens so seriös wie eine Bank!“ hin zu einem aufrichtigen „Wir sind für Dich und Deine Probleme da und erklären Dir, was Du benötigst.“?
Fallen Sie Ihren Kunden doch einfach positiv anders auf. Das fängt bei ganz einfachen Geburtstags- und Weihnachtskarten an. In den seltensten Fällen wird ein Kunde darauf reagieren – registrieren werden es die meisten dennoch. Machen Sie ruhig etwas, das in die Freizeit Ihrer Kunden abstrahlt. Ein jährliches Familienfest, bei dem es um Spaß, Dankbarkeit und das Zwischenmenschliche geht und nicht um Versicherungen, wird Ihre Kunden eher dazu anregen, aus freien Stücken mit Bekannten über Sie zu sprechen, als „nur“ Ihre gute Beratungsleistung. Das kann zu Empfehlungen führen, mit denen Sie gar nicht rechneten.