Wohngebäudeversicherer zocken Gemeinden bei Flüchtlingswohnungen ab

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Wohngebäudeversicherer zocken Gemeinden bei Flüchtlingswohnungen ab

19.10.2015

Wohngebäudeversicherer zocken Gemeinden bei Flüchtlingswohnungen ab © ferkelraggae / Fotolia.com

Als „eine riesige Sauerei" hat Versicherungsexperte Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz kürzlich das Verhalten von Versicherern bezeichnet, die ihre Beiträge für Wohngebäudeversicherungen zum Teil drastisch erhöht haben, wenn Flüchtlinge dezentral ein Wohnungen untergebracht werden.

Als Begründung für dieses Verhalten wird angeführt, dass angeblich die Gefahr für Brandanschläge zunehmen würde, wenn Flüchtlinge einquartiert werden, wie die Verbraucherzentrale Hamburg berichtet. Da die zentralen Unterkünfte in vielen Gemeinden nicht ausreichen, sind die Verantwortlichen froh, wenn Immobilienbesitzer bereit sind, leerstehende Wohnungen an Flüchtlinge zu vermieten. Für die Kosten kommen die Gemeinden auf, auch die steigenden Versicherungskosten bleiben an ihnen hängen. Preissteigerungen um 30 bis 400, in Einzelfällen um fast 1.000 Prozent sind in letzter Zeit bekannt geworden.

Ängste werden geschürt
„Statt sich an statistisch belegbaren Risiken zu orientieren, nutzen manche Versicherer offenbar die aktuelle Nachrichtenlage, um höhere Preise durchzusetzen und nähren nebenbei indirekt Ängste vor der Unterbringung Schutz suchender Menschen“, rügt die Verbraucherzentrale Hamburg. Und die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz rät Kommunen und privaten Wohnungsvermietern, in solchen Fällen die Versicherung zu kündigen. Bei einer Beitragserhöhung gebe es ein Sonderkündigungsrecht, so Wortberg. Kommunen sollten zudem ihre Gebäudeversicherung auszuschreiben. Es gebe bundesweit Versicherer, die ihre Beiträge nicht erhöhen, wenn Flüchtlinge in Wohnungen leben.

VKB lenkte unter Vorbehalt ein
Unter westpfälzischen Gemeinden sorgte das Beispiel der Versicherungskammer Bayern (VKB) für Aufregung, wie der SWR berichtete. Der Fernsehsender hatte letzte Woche aufgedeckt, dass einige Versicherer, so auch die VKB, ihre Beiträge teilweise um das Zehnfache erhöht hatten, wenn in einem Wohnhaus Flüchtlinge leben. Daraufhin hat die VKB die Erhöhung zwar rückgängig gemacht, behält sich aber vor weitere Erfahrungen sammeln, heißt es. Damit lässt die Versicherung weine offen, ob sie in Zukunft die Beiträge nicht doch noch erhöht. Warum sie die Beiträge jetzt senkt, teilte die Versicherung nicht mit.

Viele Versicherer offenbaren sich nicht
Insgesamt rügt die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz (VZ) die fehlende Transparenz vieler Versicherer in dieser Frage. Schon im Mai und Juni 2015 hatte sie bundesweit Wohngebäudeversicherer dazu befragt, ob sie beim Einzug von Flüchtlingen in Privatwohnungen höhere Beiträge fordern. Die Umfrage bezog sich ausdrücklich nicht auf Flüchtlingsheime oder ähnliche Gemeinschaftsunterkünfte. „Auf diese Umfrage hat nicht einmal die Hälfte der Anbieter reagiert“, bemängelt die VZ. „Erst nachdem die Ergebnisse Anfang Juli in den Medien veröffentlicht wurden, haben sich einige Gesellschaften bei der Verbraucherzentrale gemeldet und behauptet, der Fragebogen sei ihnen nicht zugegangen.“

Daraufhin hat die VZ nochmals alle Versicherer angeschrieben, die nicht geantwortet hatten. Das endgültige Ergebnis: Von den 73 Gesellschaften, die Wohngebäudeversicherungen anbieten, haben insgesamt rund drei Viertel (57) geantwortet. 53 Versicherer haben explizit erklärt, dass eine Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen in Privathäusern nicht zu einer Erhöhung der Prämie in der Wohngebäudeversicherung führt. Viele von ihnen weisen zudem darauf hin, dass sie bei Privathäusern nicht einmal danach fragen, wer dort einzieht. Die Allianz, einer der größten deutschen Versicherer, hatte bei der ersten Umfrage als einzige Gesellschaft die Teilnahme ausdrücklich abgelehnt. Nun teilt sie ebenfalls mit, dass eine Versicherung ohne Einschränkungen möglich ist. Die Antworten von vier weiteren Versicherern (Münchener Verein, Barmenia, Öffentliche Versicherungen Sachsen-Anhalt und BGV/Badische Versicherung) waren nicht verwertbar.

Als nicht akzeptabel bezeichnet die VZ, dass rund ein Fünftel der angeschriebenen Versicherer keine Notwendigkeit gesehen hat, überhaupt zu antworten. In keinem Fall hat es eine Nachricht darüber gegeben, dass die Anfrage unzustellbar gewesen wäre. Drei Anbieter haben sogar über ihre automatisierte Eingangsnachricht bestätigt, dass sie die per E-Mail verschickte Anfrage erhalten haben. Dennoch haben sie die gestellten Fragen nicht beantwortet.

Über das genaue Ergebnis der Umfrage können sich Interessierte unter http://www.verbraucherzentrale-rlp.de/mediabig/236323A.pdf informieren.

Elke Pohl

 

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